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Royston, Maldoom: Tanz um dein Leben. Meine Arbeit, meine Geschichte. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M 2011


Liebe C.,
nochmals danke ich Dir für das Buch von Royston Maldoom. Ich habe es gelesen wie in einem Sog. Erst am Grund konnte ich mich lösen davon und wieder auftauchen. Ganz berührt, angeregt und angesteckt von dem so außergewöhnlichen Menschen, Choreografen und Tänzer, mit dem feinen Gehör, dem feinen Gespür für das Ungesagte. Mir hat das Lesen des Buches über eine vergleichsweise kleine Klippe hinweggeholfen: als ich mehrere Tage auf meinen Koffer wartete, las ich weiter in der Geschichte von Royston Maldoom, ging mit ihm auf Tour und begleitete ihn bei seinen Projekten. Eine Mischung aus Leidenschaft und Wärme, aus unglaublichem sozialem Engagement, einer Besessenheit, die sowohl dem Tanz und dem Menschen gewidmet ist. Besonders den Menschen, die sich in z.T. prekären Situationen befinden. Beeindruckend und für mich wichtig ist es, wie er mit dem Begriff "Integration" und dessen Umsetzung umgeht. Er gibt sich eher zurückhaltend, von integrativen Projekten zu sprechen, wenn es um Tanzprojekte mit Menschen aus unterschiedlichen Gruppen geht, wie z. B. mit Frauen im Gefängnis, mit Behinderten, mit strafauffälligen Jugendlichen, mit Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen aus verschiedenen Schichten, mit Menschen, die von "der Gesellschaft" wie selbstverständlich als am Rande stehend wahrgenommen und als solche stigmatisiert werden. Er schreibt: "Ich arbeite nie mit Kategorien. Wenn ich einen Raum mit neuen Teilnehmern betrete, habe ich nur eins im Sinn: die bestmögliche Aufführung in der zur Verfügung stehenden Zeit auf die Beine zu stellen" (180). Es geht bei ihm um Tanz, es geht um Verbindlichkeit, um die Frage, was verbindet die Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen, aus unterschiedlichsten Zusammenhängen? Es geht ihm darum, die Menschen einzubinden in etwas Großes Ganzes. Dabei steht Tanzen im Vordergrund, zu tanzen und eine bestmögliche Choreografie zu entwickeln, beinahe egal wo und mit wem. "Wieder einmal konnte ich sehen, wie Grenzen überwunden wurden, wenn der negative und trennende Einfluss der Politik wegfiel und ein gemeinsames Interesse bestand" (189f), schreibt er zu seinem Tanzprojekt mit jungen Menschen 1994 in Südafrika. Seine Leidenschaft für den Tanz, für eine bestimmte von ihm ausgewählte Musik, teilt sich den Teilnehmern der verschiedenen Tanzprojekte mit. Er beschönigt nicht, er stellt sich ganz, bringt alles von sich ein und gibt und erwartet eben das auch von den Tänzern und Tänzerinnen, die zum größten Teil Laien sind. Dabei scheint er die besondere Fähigkeit in sich zu tragen, jeden einzelnen wahr- und in sich aufzunehmen, und dabei zu versuchen, jedem Teilnehmer alles abzuverlangen, was in ihm, in ihr steckt. Er lockt das Kind, den Jugendlichen hinter dessen Fassade hervor, ahnt und "weiß" um die "wirkliche Person" hinter dieser Fassade. In dem Film "Rhythm is it" wurde mir das deutlich, und wurde ich erstmals auf Royston Maldoom aufmerksam. In seinem Buch liest sich dieses Engagement so ungekünstelt, direkt und aufrichtig und überzeugt mich deshalb besonders. Hier schreibt niemand hinter einer Fassade. Wenn er von sich schreibt, schreibt er von seiner Arbeit und umgekehrt. Dabei hat er viele Menschen um sich, die seine Projekte mittragen, ihn unterstützen, die mitmachen, seine Ideen aufgreifen und weitertragen, und die sich, wie er selbst, immer wieder um Sponsoren bemühen. Sie sind ebenfalls überzeugt und besessen von der Idee, mittels der vielen Tanzprojekte und der Community Dance-Projekte eine soziale Komponente für das Zusammenleben und Zusammenwachsen zu sein. Darauf zu setzen, dass die Fähigkeit von Tanz und Bewegung den einzelnen und die Gesellschaft verändert, anders als die konkurrierenden Sportarten und Fähigkeiten, bei denen es eher um Ausgrenzung als um Einbindung geht, teilt sich mir als seine Vision mit, die durchaus ansteckend ist. Ja, das Buch geht unter die Haut und lässt auch mich als Leserin mit Neugierde für meine Bewegung und Freude am Tanz zurück, gibt mir gleichzeitig einen wieder etwas geschärfteren Blick für das, was ich im Ansatz als "das Wesentliche" bezeichnen möchte. Wie lebe ich, was ist mein Anliegen, was vermag ich, wenn ich mit Menschen arbeite, wie authentisch, wie aufrichtig, wie wach für mein Gegenüber bin ich, kann ich sein. Denn nicht allein beim Tanzen geht es doch darum, etwas zu wagen, übernommene und bequeme Bilder wie Selbstbilder abzustreifen, sondern auch im Leben als Mitmensch immer wieder meine schnellen und vorschnellen Urteile zu überprüfen und etwas zu wagen. Das ist die Botschaft, die Royston Maldoom in mir hinterlassen hat, und ich gebe sie hiermit weiter.

Bonn, Dezember 2013
Dipl.-Psych. Ingritt Sachse 

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