Kappauf, Herbert: Wunder sind möglich - Spontanheilung bei
Krebs. Herder Verlag, Freiburg 2003, 192 Seiten, gebunden.
Weltweit sind einige tausend Fallgeschichten von Krebs-Spontanheilungen veröffentlicht
worden, doch nur wenige hundert können tatsächlich als gesichert gelten. Bei
mehreren Millionen Krebsneuerkrankungen jährlich weltweit ist das nicht viel
- aber immerhin ein Anlass für Ärzte, sich mit dem Thema zu beschäftigen.
Spontanheilung, auch Spontanremission (Rückbildung) genannt, ist gegeben,
wenn eine Krebserkrankung von Ärzten diagnostiziert wurde und dann ohne -
beziehungsweise mit fehlgeschlagenem - medizinischen Eingriff zeitweise oder
sogar ganz verschwindet. Herbert Kappauf, Oberarzt am Klinikum der Stadt Nürnberg,
beschäftigt sich in seinem Buch ausschließlich mit den seriös dokumentierten Fällen von Krebsrückbildung,
ohne das Thema «Alternativmedizin» gänzlich zu vernachlässigen.
Um zu verstehen, wie Spontanremissionen zustande kommen können, sind
Kenntnisse über Krebsentstehung nötig. Der Autor referiert die einschlägigen
Erklärungsmodelle von Apoptose (Zelltod) bis Telomerase («Unsterblichkeitsenzym»).
Einen weiteren Einfluss übt das Immunsystem aus, das außer Rand und Band
geratene Zellen abfangen und vernichten soll. Bei einem langfristig geschwächten
Immunsystem treten Krebserkrankungen häufiger auf. Spontanremissionen könnten
also auf einer wieder anspringenden Immunabwehr beruhen.
Die wenigen Fälle von Krebsheilung ohne medizinische Therapie sind keine
übernatürlichen Wunder. Der weitere Lebensweg der Betroffenen ist zudem
keineswegs immer glücklich, wie aus den vielen von Kappauf eingestreuten
Fallbeschreibungen hervorgeht. Manche leben noch Jahre ohne größere
Krankheit, andere versterben rasch an Krebs in anderen Körperteilen.
Heilungen in Lourdes oder nach inbrünstigem Gebet mögen vorkommen, sind
aber laut Kappauf kein Beweis für die Macht der Psyche oder Gottes. Das
Konzept von der «Krebspersönlichkeit» sei überholt. Aber eine überstandene
Krebserkrankung kann die Persönlichkeit nachhaltig verändern und vertiefen -
bei anderen wiederum werden gar keine Veränderung induziert. Kappaufs aufklärerisches
Buch schließt mit einigen allgemeinen Tipps, was Krebskranke für sich tun können.
Was ist von Büchern zu halten, die überwundene Krebskrankheiten - oft aus
eigener Betroffenheit - schildern? Einige sind hilfreiche Handreichungen,
viele aber neigen dazu, ihren individuellen Weg in und mit ihrer Krankheit zu
verallgemeinern, wie Andreas von Rétyi («Kerngesund nach Krebs» 2001).
Manche guten Verläufe beruhen auf kompetenten Krebstherapien, die oft nur am
Rande erwähnt werden. Kappaufs Buch trennt sauber zwischen dem, was gesichert
ist, und einem großen Markt an haltlosen Spekulationen um
Spontanheilungen.
Gerald Mackenthun
Berlin, April 2003
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