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Homes, Alexander Markus: Von der Mutter missbraucht. Frauen und die sexuelle Lust am Kind. Books on Demand, Norderstedt 2004


Zum Thema des sexuellen Missbrauchs von Müttern an ihren Kindern gibt es eine umfangreiche Literatursammlung. Allein in dem vorliegenden Buch werden ca.1000 Literaturstellen verwertet. Sicher gibt bisher keine Sachbuchpublikation, die in solch einer umfangreichen Darstellung Täter, Täterinnen und Opfer zu Worte kommen lässt. Dabei stellt der Autor die herrschende Meinung  in Frage, dass überwiegend Männer als Missbraucher Täter sind. Frauen, insbesondere Mütter werden in der Öffentlichkeit und auch in der wissenschaftlichen Bearbeitung als Missbraucherinnen ausgeblendet. Dabei zeigen Zahlen aus der Literatur, dass in internationalen Studien die Missbrauchsrate weiblicher Täter bis zu 80 Prozent, in nationalen Studien von 6-40 % angegeben werden. Diese Zahlen allein müssten Grund genug sein, dass in der Öffentlichkeit ein neues Denken und ein neuer Umgang mit dem Thema Kindesmissbrauch durch Mütter stattfindet.
Wie einen roten Faden zieht der Autor durch sein Buch bereits in der Einleitung die Feststellung: Es sei ein Mythos, dass nur Jungen und Männer potentielle Missbraucher sind. Das 459 Seiten umfassende Buch unterteilt der Verfasser in 6 Kapitel: Vom „Tatort Familie: Der “andere“ Inzest“, führt er zu „Mütter und die sexuelle Lust am Kind“ weiter zum „Stummes Opfer Kind“. Durch Missbrauchsfolgen bedingt ist ein weiteres Kapitel „vom Opfer zum Täter“ benannt. „Sexualwissenschaft und Sexualstrafrecht im Spiegel des Feminismus“ führen zum „Sexuellen Missbrauch in Zahlen“. In einem Anhang befasst sich der Autor mit dem sexuellen Missbrauch  von Heimkindern und dem Thema „Kinder und sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche“. Zuletzt wird das Thema: Sexueller Kindesmissbrauch- Plattform für die Wiedervereinigung der Frauenbewegung bearbeitet. Über 74 Seiten gibt der Autor Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln.

In der Familie sind Grenzüberschreitungen im Körperkontakt mit dem Kind nicht immer leicht erkennbar. Eindeutig sind Grenzverletzungen dort zu beobachten, wo ausschließlich Bedürfnisse des Erwachsenen befriedigt werden, nicht aber die des Kindes. Der Autor zeigt Risikofaktoren in der Familie auf, die Grenzüberschreitungen begünstigen wie Trennungsprobleme, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Armut, soziale Isolation, emotionale Distanz der Eltern zueinander und zu den Kindern u.a.. Aus den zahlreichen Berichten von missbrauchten Kindern spricht so viel Leid, dass dem Leser durch die dichte Abfolge an Erfahrungsberichten oft nur der Weg zu Abwehrmechanismen wie Rationalisieren oder Intellektualisieren bleibt. Die Wahrheit fällt der Verdrängung anheim, die Opfer werden erneut missbraucht und der Mutter- Mythos wird gerettet. Ist dies vielleicht auch der Grund, dass in der öffentlichen Meinung der Mythos über die Mutter als vor allem fürsorglich, aufopfernd -   insbesondere von den Kirchen glorifiziert – aufrecht erhalten wird? Wäre es für unsere Gesellschaft zu belastend, anzuerkennen, dass auch Frauen brutal und missbrauchend sein können?

Aus vielen Berichten spricht bei Missbrauchsopfern die Identifikation mit dem früheren Aggressor. Manche Opfer idealisieren und begehren ihre missbrauchende Mutter auch weiterhin. So wie in der Gesellschaft das Thema der missbrauchenden Mütter tabuisiert wird, so selten konfrontieren Opfer die Täterinnen. Der Autor meint, dass das Klischee von der Frau als schwaches und harmloses Geschöpf mitverantwortlich sei für das Schweigen der Opfer. Auch die Angst der Opfer beim Brechen des Schweigens von der Gesellschaft als homophob eingestuft zu werden ist groß.
Immer wieder deutet der Autor darauf hin, wie wenig von Seiten der Politik Handlungsbedarf zu diesem Thema gesehen wird. Im Rahmen der Missbrauchsprävention plädiert der Autor dafür, das Monopol der Mütter auf die Kinder zu überdenken.
An Hand von vielen bestürzenden Beispielen zeigt der Autor, wie Täterinnen sich mit ihrem früheren Aggressor oder ihrer Aggressorin identifizieren, indem sie ihre eigenen Kinder missbrauchen, so wie sie selbst missbraucht wurden, um so ihre weibliche Identität wieder zu erlangen.

Noch wenig beachtet ist in der Fachliteratur  der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen und Kindern durch Jugendliche und Kinder. Hierbei geht es mehr um Gewaltausübung als um sexuelle Befriedigung. Die Bedeutung von Heimerziehung wird thematisiert. Da es sich bei der Missbrauchsthematik des Buches um den Umgang mit Kindern und Jugendlichen handelt, gibt es ein Kapitel mit dem Thema Pädophilie. Der Autor erstellt ein Psychogramm weiblicher und männlicher Pädophilie, wobei er an Hand der Literatur prädisponierende Faktoren benennt.
In der Kindheit missbrauchte oder misshandelte männliche wie weibliche Opfer berichten häufig von Gewaltphantasien und vom Umsetzen dieser Phantasien, auch davon,  dass sie sexuelle Befriedigung nur in Demütigungen, Erniedrigungen und sadomasochistischen Spielen finden. Das Entstehen von Perversionen wird an Hand von Literaturbeispielen beleuchtet.

Eine Wurzel der Negierung des Kindesmissbrauches durch Frauen sieht der Autor in der radikalen feministischen Bewegung. Er brandmarkt , dass der Kindesmissbrauch durch Frauen von den Frauen der feministischen Bewegung verleugnet oder verharmlost wird. Künstlich werden Zahlen einer enorm hohen Dunkelziffer bei männlichen Tätern (300 000) immer wieder benannt, um das ideologisierte Feindbild Mann als bedrohend aufrecht zu erhalten. So wird eine frühere „Aufklärerin“ einer feministischen Beratungsstelle zitiert : „ …Die Befragung der Kinder war eindeutig eine Gehirnwäsche. Den „Erinnerungen“ der Mädchen haben wir nachgeholfen…..Auch ich verfolgte unentwegt das Ziel, aus diesen Mädchen Opfer zu machen, egal, ob sie nun sexuell missbraucht wurden oder nicht….“

Das Buch wird viele Menschen tief bewegen und erschüttern. Es ist ein wichtiges Buch, da es den Mythos der „unberührbaren Mutter“ angreift in einer Gesellschaft, die gerne weg sieht.
Das Buch ist sehr direkt und anschaulich. An manchen Stellen etwas gegen die radikale feministische Bewegung polemisierend, was auf Grund der Darstellungen, die für sich sprechen, nicht nötig wäre. Es soll nicht instrumentalisiert werde um damit in einen ideologischen Kampf mit der radikalen feministischen Frauenbewegung einzutreten, oder Vätergruppen  ideologisch zu unterstützen. Es soll die Öffentlichkeit für das Thema weiter sensibilisieren und vor allem männliche und weibliche Opfer ermuntern aufzubegehren und die Mauer des Schweigens zu durchbrechen.

Dr. Drähne, Bonn, März 2008    email

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