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Vorsicht! Trigger!

Fröhling Ulla: Vater unser in der Hölle. Inzest und Missbrauch eines jungen Mädchens in den Abgründen einer satanistischen Sekte. mvg Verlag, München 2015. Erstmals erschienen 1996 bei der Kallmeyerschen Verlagsbuchhandlung.


Erst kürzlich hat die sogenannte Edathy-Affäre Schlagzeilen gemacht. Weil er "Kinderpornos" aus dem Internet heruntergeladen hatte, wurde er zu einer geringfügigen Strafe von 5 Tausend Euro verurteilt. Eines der Argumente war, dass er ja "nur" Bilder gekauft und herunter geladen hatte. Die wenigsten Menschen machen sich klar, dass diese Bilder und/oder Filme auch hergestellt werden müssen und jeder Gucker oder Käufer somit billigend in Kauf nimmt, dass für seine Lust Kinder gequält werden. Das geht in satanistischen Kulten bis zu Kindstötungen in ritualisierten Handlungen.

Bereits 1996 erschien das Buch erstmals. Es wird die Therapie einer damals 30-jährigen Frau geschildert, die schon eineinhalbjährig durch ihren Vater sexuell misshandelt wurde und im Umfeld einer satanistischen Sekte unvorstellbare sexualisierte Gewalt erfuhr. Sie entwickelte eine dissoziative Identitätsstörung (sog. Multiple Persönlichkeitsstörung), zu der etwa 100 Teilpersönlichkeiten gehören. Dieses Krankheitsbild wurde lange Zeit geleugnet, wie auch die Existenz von sexualisierter Gewalt gegen Kinder, zumal in ritualisierter Form, geleugnet wurde und wird.

Die Lektüre ist schwer erträglich und dürfte bei einigen Leser_Innen Abwehr und vor allem Unglauben auslösen. Der Text könnte für einen Krimi einer Autorin mit blühender Phantasie gehalten werden und das war ja lange Zeit das Argument, mit dem Opfer zurückgewiesen wurden. Wer allerdings mit komplex traumatisierten Menschen therapeutisch arbeitet, der weiß, wovon in dem Buch die Rede ist, selbst wenn er/sie noch keine Opfer ritualisierter Gewalt in Behandlung hatte.

Das Buch schildert die traurige und entsetzliche Wahrheit, die seit den öffentlich gewordenen Skandalen um Dutroux in Belgien und die organisierte sexuelle Ausbeutung in Rotherham (England) nicht mehr so leicht zu leugnen sind. Gleichwohl haben die Opfer weitere Qualen zu erleiden, wenn sie etwa Täter anzeigen. Die Art und Weise, wie komplex traumatisierte Menschen von unqualifizierten Gutachter_Innen retraumatisiert werden, macht sie zu Agenten der Verleugnung. Angela Lenz erhielt die Anerkennung nach dem Opfer Entschädigungsgesetz, nachdem sie diverse "Begutachtungen" überlebt hat. Viele andere, Kinder und Frauen, bleiben ungeschützt, ihr Leid wird verleugnet und die therapeutischen Hilfen münden oftmals in Selbstausbeutung der Therapeut_Innen, da es für die Opfer keine Lobby gibt und folglich auch Krankenkassen die Bezahlung der mühevollen und langwierigen Behandlungen ablehnen. Politisch geschieht nicht viel. Niemand mag sich die Hände in der Aufklärung schmutzig machen und schnell sind Verschwörungstheorievorwürfe bei der Hand, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Immerhin heißt es in dem Bericht der Enquete-Kommision des Deutschen Bundestages: "Von der Existenz solcher Kulte ist auszugehen."

Bitte

Ihr, die ein lächelnder Gott
in die Hände liebender Eltern gab,
die ihr empfangen wurdet in Zärtlichkeit,
hütet euch davor
zu meinen ihr wüsstet,
wie es ist Hass und Ablehnung
zu widerstehen.
Ihr werdet niemals wissen,
wie der Schrei der Verzweiflung
im Herzen klingt
vielleicht könnt ihr ihn
nicht einmal ahnen.
Seid behutsam,
das wäre genug.1
    Links:
Phoenix-Studie: Die psychotherapeutische Versorgungsrealtität komplex traumatisierter Menschen in Deutschland (2011-2012)

Bitte Tränen. Magazin gegen sexuellen Missbrauch

Fonds sexueller Missbrauch. Anträge bislang noch bis Ende 2016 möglich. Umgang mit dem Antrag traumasensibel.

Innocence in Danger. Arbeiten für den Schutz der Kinder vor sexuellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung im Internet.

Bericht der Enquete-Kommission des Dt. Bundestages 1998. S. Renate-Rennebach-Stiftung

Bernd Kuck      
Juni 2015


1 S. 432, im Buch zit. mit Erlaubnis von Frau Prof. Luise Reddemann. Es erscheint im Herbst 2015 in ihrem Buch "Folgen der NS-Zeit und des 2. Weltkriegs in der Psychotherapie - Eine Annäherung".

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Vater unser in der Hölle

Oder in der nächstgelegenen Buchhandlung! So landen die Steuereinnahmen zumindest in "unserem" Steuersäckel, was theoretisch eine Investition in Bildung und Erziehung ermöglichen würde.
In Bonn-Bad Godesberg z.B. in der Parkbuchhandlung

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