Bühring,
Gerald: Charlotte Bühler
oder Der Lebenslauf als psychologisches Problem. Beiträge
zur Geschichte der Psychologie, Band 23, Peter Lang Verlag, Frankfurt
2007.
Bührings
Anliegen ist es, deutsch-jüdische Pioniere der Psychologie zu
würdigen, die während des Nationalsozialismus emigrieren
mussten. Eine Biografie über William Stern (1871 – 1938)
wurde vom Autor bereits 1996 in Band 13 der Reihe Beiträge zur
Geschichte der Psychologie veröffentlich. Nun erschien im Peter
Lang Verlag eine zweite Biografie über Charlotte Bühler
(1893 – 1974).
Ältere
Leser dürften den Bestseller „Psychologie im Leben unserer
Zeit“ (1962) von Charlotte Bühler noch kennen, denn er
wurde in Deutschland und im Ausland viel gelesen. Schon in früheren
Jahren zählte diese ungewöhnliche Frau auf
wissenschaftlichem Gebiet zu den prominentesten Frauen Österreichs.
Bekannt geworden war sie – zusammen mit ihrem Mann, Karl
Bühler, – als Mitbegründerin des ersten Wiener
Psychologischen Instituts und wegen ihrer epochalen
entwicklungspsychologischen Forschungen. Insbesondere ihre Arbeiten
auf dem Gebiet der Jugendpsychologie („Das Seelenleben des
Jugendlichen“) und des menschlichen Lebenslaufs („Der
menschliche Lebenslauf als psychologisches Problem“) fanden
internationale Anerkennung, so dass viele Studenten und Kollegen aus
aller Herren Länder nach Wien strömten, um Karl und
Charlotte Bühler persönlich kennen zu lernen.
Weniger
bekannt hingegen sind ihr Gesamtwerk und ihr sehr interessanter
Lebenslauf. Beides wird in der vorliegenden Biografie ausgiebig
gewürdigt. Beschrieben werden das jüdische Elternhaus, die
Kindheit und die Jugendjahre in Berlin, die unruhigen Studienjahre in
verschiedenen deutschen Universitätsstädten, ihre Ernennung
zur ersten sächsischen Privatdozentin für Ästhetik und
Pädagogische Psychologie an der Technischen Hochschule in
Dresden, das Wiener Psychologische Institut, ihr Familienleben in
Wien, die dramatische Emigration nach Norwegen und Amerika, ihr Leben
im Exil und ihr Engagement für die „Association for
Humanistic Psychology“, deren Mitbegründerin sie war,
sowie ihre nicht weniger dramatische Rückkehr nach Deutschland
u. v. a. m.
Insgesamt
eine sehr gründlich recherchierte Biografie, gut lesbar und
spannend geschrieben, illustriert mit zweiundzwanzig Fotos.
Alswissenschaftlich interessierter Leser findet man zudem im Anhang
eine vollständige Titelbibliografie des Bühlerschen
Gesamtwerkes und einen umfangreichen Anmerkungsteil.
Dr.
Najib Arabu Berlin, 28. Januar 2007
© PPFI, B. Kuck
William Stern oder Streben nach Einheit