Kaufmann, Rudolf A.:
Ängste, Phobien und andere unnötige Lasten. Energiefeld-Therapie als
Anleitung zur Selbsthilfe. Heidelberg 2002, Asanger, 125 Seiten
In den letzten Jahren haben therapeutische Verfahren zunehmend Interesse gefunden,
die als Thought Field Therapy (Roger Callahan), Emotional Freedom
Techniques (Gary Craig) oder als Energetische Psychotherapie (Fred
Gallo) bezeichnet werden. Die wichtigste Methode im Rahmen dieser Ansätze
besteht darin, sich auf belastende Ereignisse, Gedanken oder Gefühle
einzustimmen und dann bestimmte Meridianpunkte am Kopf, am Oberkörper oder an
den Händen zu klopfen. Klinische Erfahrungen zeigen, dass dies in vielen Fällen
zu einem schnellen Abklingen von negativen Emotionen wie Angst, Ärger oder
depressiver Verstimmung führt. Oft ist es sinnvoll, diese energetischen Methoden
mit anderen Therapieansätzen zu kombinieren. Leider gibt es bisher aber noch
kaum wissenschaftliche Untersuchungen über die Wirksamkeit der energetischen
Methoden.
Die oben genannten Ansätze wurden in den beiden letzten
Jahrzehnten in den USA entwickelt; sie beruhen aber (wie z. B. auch die
Akupunktur, deren Wirksamkeit zur Zeit in groß angelegten Untersuchungen überprüft
wird) auf den Vorstellungen der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Der deutsch-amerikanische Psychotherapeut Rudolf A. Kaufmann orientiert sich an dem
Ansatz von Gary Craig, den er aber nicht Emotional Freedom Techniques,
sondern Energiefeld-Therapie (EFT) nennt. Kaufmann stellt die
Grundprinzipien dieses Ansatzes, der mit einer Standardmethode für die
verschiedenartigsten Störungen arbeitet, sehr knapp auf 17 Seiten dar. Anschließend
werden in kurzen Fallskizzen 34 verschiedene Problembereiche (von
„Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS)“ bis „Zwanghaftes Denken“)
beschrieben, die mit EFT behandelt wurden. Neben dem überflüssigerweise mehr
als zwanzig Mal wiederholten Standard-Protokoll für die Selbstbehandlung
weist der Autor auch auf Kurzinterventionen hin, bei denen nur bestimmte Teile
des gesamten Behandlungsprotokolls durchgeführt werden. Schließlich geht er
auch noch auf EFT bei Paaren, bei Kindern und zur Überwindung von Blockaden im
Beruf und im Sport ein.
Einige dieser Fallstudien finde ich sehr beeindruckend, viele sind aber recht oberflächlich
(leider fehlt oft eine Katamnese). Bei einigen der komplexeren Fälle wird auch
deutlich, dass viel klinische Erfahrung und Ausdauer nötig ist, um mit EFT
Erfolge zu erzielen (z. B. „Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS)
bei Kindern“ oder „Migräne, Kopfweh“). Meiner Ansicht nach wäre es
sinnvoller gewesen, einige Störungsbereiche und einige gut dokumentierte Fälle
vorzustellen statt dieser bunten Mischung, bei der viele Themen nur angerissen
werden.
Trotz dieser Kritikpunkte erscheint mir das Buch von Kaufmann gut geeignet, um einen
Einblick in die Energiefeld-Therapie zu geben und zu einem Selbstversuch
anzuregen. Die Grundannahmen der EFT, dass Energieströme durch Meridiane fließen
und dass belastende Erlebnisse zu energetischen Störungen führen, die durch
das Klopfen von Meridianpunkten vermindert oder beseitigt werden können, sind
recht spekulativ. Ob diese Annahmen durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt
werden können oder ob es andere Mechanismen gibt, die die Wirkung von EFT und
ähnlichen Verfahren der Energetischen Psychotherapie erklären können,
erscheint mir noch als eine offene Frage.
Christof T. Eschenröder
2002
Ängste, Phobien und andere unnötige Lasten